Wahlkampf 2013: Entwicklungsland Social Media
Kommunikation | 1 Kommentare | von Prof. Dr. Claudia HilkerWas erwartet uns im deutschen Wahlkampf 2013? Ein Vergleich der Kanzler-Kandidaten: Angela Merkel und Peer Steinbrück in Facebook und Twitter. Eine Online-Analyse von der Social-Media-Expertin Claudia Hilker von Hilker Consulting zur Vorbereitung des TV-Interviews für ARD / Nachtmagazin am 1. Oktober 2012.
Merkel nutzt Social Media strategisch
Angela Merkel bedient alle relevanten Online-Kanäle mit einem integrierten Kommunikationsansatz crossmedial. Sie ist über Social Media persönlich ansprechbar. Angela Merkel vermarktet sich vornehmlich über Facebook und Twitter. Ihr Twitter-Account wird vom Regierungssprecher Steffen Seibert geführt. Ihre Social-Media-Strategie zeichnet sich durch Beständigkeit aus. Die organische Wachstumskurve bei Twitter lässt vermuten, dass sie auf den Zukauf von Followern verzichtet.
Monitoring-Analyse: Angela Merkel
So spricht das Netz über die Regierungschefin. In der letzten Woche (39. KW) hatte sie fast 10.000 Online-Beiträge. Anbei das aktuelle Monitoring von Netbreeze.
Social-Media-Strategie von Angela Merkel
Angela Merkel wird in Social Media in den News, auf Twitter, Facebook, in Blogs und Foren und auf Youtube online beständig diskutiert. Ihre Kommunikationspolitik ist zeitgerecht und zukunftsorientiert online auf Social Media ausgerichtet. Damit gewinnt sie ein modernes Image. Merkel ist über Social Media erreichbar für die Bürger. Mit ihrer Social-Media-Strategie gewinnt sie Bürger-Nähe, Reputation, Glaubwürdigkeit, Sympathien und Wählerstimmen.
Der „Offline-Kanzlerkandidat“ Peer Steinbrück
Er vernachlässigt den strategischen Social-Media-Einsatz in seiner Kommunikationspolitik. Als Bürger fragt man sich: „Wie kann Peer Steinbrück einfach online erreichen?“ Per Twitter schon mal garnicht! Auf seinem Twitter-Account steht ein ungewöhnlicher Text: „Die Tweets von @Steinbrueck sind geschützt. Nur bestätigte Follower haben Zugriff zu den Tweets und dem vollständigen Profil von @Steinbrueck. Klicke auf den „Folgen“ Button, um eine Bestätigungsanfrage zu senden.“
Twitter-Account mit geschützten Tweets
Als Beobachter fragt man sich: „Wie kann man mit einem geschützten Twitter-Account die Botschaften eines Politikers verbreiten?“ Diese rigide Haltung erscheint sinnlos, denn als Politiker will man ja möglichst viele Botschaften frei verteilen. Steinbrück scheint die Spielregeln von Social Media an dieser Stelle noch nicht verstanden zu haben.
Steinbrück: Inaktiver Twitter-Account
Peer Steinbrück hat etwa 10.000 Facebook-Fans. Erstaunlich ist, dass Steinbrück einen inaktiven Twitter-Account hat, obwohl hier intensiv über ihn diskutiert wird. Dies belegt das Montoring-Tool Netbreeze:
Ist Peer Steinbrück ein „fauler Abgeordneter“?
Einige Experten-Stimmen meinen: „Ja.“ Die Universität St. Gallen hat die Netzpräsenz deutscher Bundestagsabgeordneter untersucht. Dabei landet Steinbrück auf Rang 297. Auf „Abgeordnetenwatch“ stellen Bürger ihren Volksvertetern Fragen. Auf die 27 öffentlichen Fragen hat Steinbrück bisher noch nicht geantwortet. Stattdessen gibt es die phrasenmässig Standard-Verweise auf Steinbrücks Büro – ähnlich wie auf seiner Facebook-Fanpage. Dieses Vorgehen hat Steinbrück so manche öffentliche Rüge eingebracht. Strategisch wäre es klüger, wenn man als Politiker auch im Netz Wählerstimmen gewinnen will, die eigene Reputation aktiv zu managen, also ganz konkret: die Meinungen zu beobachten sowie Mängel wie offene Fragen und Aufgaben zu erledigen. Das wirft sonst ein schlechtes Licht auf das Engagement.
abgeordnetenwatch.de: Bürger fragen – Politiker antworten
Abgeordnetenwatch.de bezeichnet sich als „direkter Draht von Bürgern zu den Abgeordneten und Kandidierenden“. Der öffentliche Dialog will Transparenz schaffen und für eine Verbindlichkeit in den Aussagen der Politiker sorgen, indem alles Jahre später noch nachlesbar ist. Auch das Abstimmungs- verhalten der Abgeordneten und ihre Nebentätigkeiten sind auf abgeordnetenwatch.de öffentlich.
Heute wollen Menschen Politiker, die über Social Media persönlich erreichbar sind und Fragen der Bürger interaktiv online beantworten. Die Verweigerungshaltung als „Offline Kanzler“ bringt ihm einen Image-Verlust in Social Media. Sie kostet ihn Sympathien und Wählerstimmen, insbesondere bei Digital Natives. Mit seiner Verweigerunghaltung verschenkt er: Reputation, Sympathien, Bürger-Nähe und vermutlich: Wählerstimmen.
Angela Merkel und Peer Steinbrück in Google Trends
Im Vergleich der beiden Kanzlerkandidaten zeigt sich, dass der Verlauf der Websuche nach der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel kontinuierlich ist und regelmäßig Höhepunkte verzeichnet. Der Verlauf von Peer Steinbrück hat nur einen wesentlichen Höhepunkt: seine Nominierung. Diese Analyse zeigt, ihm fehlt eine Historie und eine beständige Kommunikationsstrategie für Social Media.
Angela Merkel hat in Social Media die Nase vorn
Im Vergleich der beiden Kanzlerkandidaten zeigt sich, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel die Nase vorn hat in Social Media, da sie eine Kommunikationsstrategie für Social Media hat und Peer Steinbrück nicht. Deshalb gewinnt Merkel im Web-Vergleich.
Die quantitative Analyse bezüglich Facebook und Twitter von Angela Merkel und Peer Steinbrück zeigt, dass die amtierende Bundeskanzlerin die Nase in Social Media vorne hat. Merkel hat die zwanzigfache Fanzahl auf Facebook im Vergleich zu Steinbrück. Bei Twitter ist sie ihm ebenfalls weit voraus. Das ist jedoch nicht schwierig, da Steinbrück den Kanal bisher nicht aktiv bedient. Strategisch wäre es für ihn klüger, diesen Kanal aufzubauen.
Zusammenfassung
Deutschland ist ein Entwicklungsland, was die Kommunikationspolitik der Politiker in Social Media betrifft. Deutsche Politiker haben noch großen Nachholbedarf. Sie können noch viel lernen von den Entwicklungen in den USA. Der Erfolg von US-Präsidenten Barack Obama mit Social Media im Wahlkampf zeigt, dass sich ein Social-Media-Engagement für Politiker auszahlt, weil die Wähler es honorieren: Mehr Reputation, mehr Glaubwürdigkeit, mehr Nähe zum Bürger, mehr Wählerstimmen und größere Chancen auf den Wahlsieg!
Slideshare: Wahlkampf 2013: Entwicklungsland Social Media
TV-Beitrag über „Offline-Kanzlerkandidat“ in ARD / Nachtmagazin
Zum TV-Interviews für ARD / Nachtmagazin am 1. Oktober 2012 einfach auf die Grafik klicken. Rechts auf „Nominierung Steinbrück“ klicken und los gehts! Mein Statement dazu kommt ab der fünften Minute.
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Liebe Claudia, sehr eindrucksvoll und umfassend, diese Analyse. Mögen viele Ploitiker sich Deine Einschätzung zu Herzen nehmen – und Dich einfach mal kontaktieren!